Dieter ist Bürgermeister
Er hat eine Vision und möchte sich einen Denkmal setzen, damit man sich an ihn erinnert, wenn er irgendwann mal nicht mehr sein Amt ausübt.
Jürgen ist Vermieter
und hat ein Problem; er hat seine Häuser zu nahe an die Autobahn gebaut. Seine Mieter, die alle gewissermaßen freiwillig in seinen Häuser wohnen, sind deswegen unglücklich. Es gibt zwar ein Lärmschutzwand, und dieser ist eigentlich ziemlich effektiv, aber was ist das für eine Aussicht, wenn man aus den Fenstern schaut?
Jürgen kennt Dieter nicht, aber er macht trotzdem Druck. Denn seine Mieter machen auch Ärger. Er möchte gerne die Miete anheben, aber so geht das nicht.
Dieter hat eine Idee. Er lässt die Autobahn, die mitten durch die Stadt führt, und auf die jeden Tag tausende von Autofahrer zur Arbeit pendeln, umbauen. Eine Verbreiterung auf 4 Spuren je Richtung kann er den Pendlern verkaufen, das ist kein Problem. Und wenn man schon dabei ist, dann lässt man Teile der Strecke überdeckeln. Dann ist auch Dieter glücklich. Leider hat die Realisierung der Überdeckelung aber einige wesentlichen Nachteile. Da muss man nicht einzelne Spuren sperren, um die Arbeiten durchzuführen, sondern gleich die Hälfte der Autobahn. Und das Ganze dauert wesentlich länger, über einen Jahrzehnt hat man ausgerechnet. Und das an einer Autobahn, die jetzt schon völlig überlastet ist
Karl-Heinz ist Pendler
und stellvertretend für tausende Andere, die über einen Jahrzehnt verkauft wurden, damit Dieter seine Vision realisieren kann. Er pendelt jeden Tag aus seinem Dorf nahe der Autobahn fast 60 Kilometer pro Richtung in die Großstadt. Trotz der vielen Baustellen gibt es für ihn keine wirkliche Alternative zur Autobahn; die Umgehungen sind in der Regel genau so verstopft wie die Autobahn selber.
Und so schmeißt er sich jeden Tag auf die Piste und fährt mitten durch das Chaos zur Arbeit. Wo er sonst immer nur eine halben Stunde ins Büro gebraucht hat, braucht er jetzt normalerweise die doppelte Zeit. Es gibt gute Tage, da schafft er die Strecke noch in 40 Minuten, aber 60 Minuten ist ein guter Schnitt jetzt. Es sei denn, es passiert irgendwas verkehrstechnisch. Lastkraftwagen, zum Beispiel, sind geradezu dazu prädestiniert, mitten in einer Baustelle stehen zu bleiben. Dann dauert es gut und gerne bis zu 2 Stunden und mehr, bis er abends zu Hause ist. Und wenn Schulferien sind und die Reiseverkehr einsetzt, dann läuft gar nichts mehr. Seine Ehefrau hat schon lange die Faxen dicke, aber was soll man machen? Karl-Heinz ist schon 60 Jahre alt und kann nicht einfach seinen Job wechseln.
Sein Nervenkostüm ist auch nicht das Beste, er ist von Natur aus eher ungeduldig, und Stau macht ihn rasend. Und so kommt es, wie es kommen muss. Eines Tages, wo alles viel schlimmer war als sonst, regte sich Karl-Heinz dermaßen auf, dass er schon wieder zu spät zur Arbeit kommt. Da machte sein Körper plötzlich nicht mehr mit. Ein beklemmendes Gefühl in der Brustgegend, gefolgt von einem stechenden Schmerz.
Manfred ist Geschäftsreisender im Vertrieb
Er ist ständig im Bundesgebiet unterwegs, um seine Produkte an den Mann zu bringen. Er kennt sich so im Norden der Republik zwar einigermaßen aus, allerdings war er seit vielen Jahren nicht mehr in der Gegend. Und so ist seine Planung an diesem Tage zu knapp gewesen. In Bremen hat er länger gebraucht, als er gedacht hatte. Und so versucht er die verlorene Zeit aufzuholen.
(Spoiler Alert: Gleich werden böse Worte benutzt)
Als dann seine Frau anruft, um zu fragen wie es ihm geht, ist er kurz abgelenkt. Und so sieht er das Stauende nicht. Manfred rauscht mit voller Geschwindigkeit in einen stehenden LKW.
Das letzte, was man von Karl-Heinz gehört hat? Trotz allem haben ihn die Rettungskräfte rechtzeitig erreicht. Er ist jetzt in der Rehabilitation und macht gute Fortschritte. Für Manfred allerdings kommt jede Hilfe zu spät, er stirbt an der Unfallstelle.
Und während Dieter seinen Denkmal baut, steht Jürgen feixend in der Dusche und holt sich ein runter…
Epilog – Die Zukunft
Wir schreiben das Jahr 2070. Die fossilen Brennstoffe auf der Erde sind schon längst versiegt, auch das Fracking hat nur vorübergehend für Abhilfe gesorgt. Dafür sind mehrere betroffene Gebiete jetzt geologisch instabil. Die Menschheit hat sich gezwungenermaßen nach alternative Energiequellen umgesehen und ist fündig geworden. Vor allem aber hat es große Durchbrüche beim Speichern von Energie in Batterien, die mit unseren Batterien wenig gemein haben.
Der fünfjährige Ken sitzt mit seinem Vater in einem geräuschlosen und schadstofffreien, batteriebetrieben Auto. Sie reisen an die Küste, um ein paar Tage dort zu verbringen. Plötzlich fahren sie in den Tunnel, der vor gut 45 Jahre gebaut wurde und als zukunftsweisend und notwendig angepriesen wurde. Für Ken ziemlich aufregend, denn er ist nie zuvor in so einem Tunnel gewesen. „Ja Ken,“ sagt sein Vater, „Diese Tunnels wurden gebaut, um die Menschen vor Abgasen und vor Lärm zu schützen.“ Und sie lachten herzhaft, die beiden…
Disclaimer
Alle Charactere in dieser Geschichte sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig. Ähnlichkeiten mit irgendeiner Baustelle in Norddeutschland sind durchaus gewollt.